Eine Frage der Demokratie

Von , 27. Mai 2011 00:00

Von Dr. G. Zakrajsek
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Ist es wirklich bedenklich und gefährlich, wenn Bürger Waffen besitzen? Geht vom privaten Waffenbesitz Gefahr aus? Leben die Menschen sicherer, wenn ausschließlich staatliche Behörden Waffen führen? Sind zahlreiche Waffen in privaten Haushalten ein Alarmzeichen? Natürlich wurden all diese Fragen bei uns nie ernsthaft diskutiert. Schlagworte und sogenannte „Factoids“ – also plausibel klingende, aber falsche Behauptungen – waren das Rüstzeug der Waffengegner. Zwei simple geistige Strickmuster genügten: Die plumpe Gleichsetzung „Waffe = Gefahr“ einerseits und andererseits die Einteilung in: „staatliche Waffen = gut, private Waffen = schlecht“. Vorurteile vertragen keine Diskussion. Unsere Patentdemokraten haben immer Lösungen, ob diese auch richtig sind, ist uninteressant. Die Diskussion um die Waffen ist aber keineswegs eine Diskussion um die Sicherheit, sondern es geht wirklich um unsere Demokratie. Leider wurde die Auseinandersetzung um das Waffengesetz allzulange geführt, indem man sich gegenseitig Kriminalstatistiken – von Seiten der Waffengegner meistens falsche – an den Kopf geworfen hat. Der Lösung der Frage, warum Menschen Waffen haben wollen, ist man dadurch nicht näher gekommen. Tatsächlich geht es um die Demokratie. Wenn das Volk herrschen soll, muß es dazu in der Lage sein. Zu wissen, der Herrscher verfügt über Waffen, der Beherrschte nicht, stand am Anfang aller modernen Demokratiebewegungen. Absolutismus kommt ohne Volksbewaffnung, Pressefreiheit, ohne Gewaltenteilung, ohne Grund- und Freiheitsrechte aus. Ohne Verankerung aller dieser Rechte in der Verfassung lebten wir heute noch im Zeitalter des absoluten = undemokratischen Herrschens. Die Geschichte wäre eine gute Lehrmeisterin. Sie hat nur sehr schlechte Schüler. Die Mahnung des österreichischen Altbundeskanzlers Kreisky, aus der Geschichte zu lernen, wurde nicht einmal von ihm selbst beherzigt. Unsere modernen Geschichtsdeuter – auch Kreisky gehörte dazu – lernen nämlich immer nur das aus der Geschichte, was ihnen in den Kram paßt.

Freiheit nur mit Waffen im Volk

Sieht man sich die Geschichte des Waffenrechts unvoreingenommen an, wird alles ganz einfach. Zu allen Zeiten nämlich gab es das unabdingbare Prinzip: Freie Bürger dürfen Waffen besitzen. Manchmal sind sie sogar dazu verpflichtet. Unfreie oder Sklaven müssen waffenlos bleiben. Von Waffen hält man sie fern. Werden Sklaven mit Waffen ausgestattet, also etwa Gladiatoren oder Kriegssklaven, werden ihnen nach der Aufgabe die Waffen wieder weggenommen. Auch bei Soldaten, die zum Kriegsdienst gepreßt werden, verfährt man nicht anders. Spartacus blieb ein Einzelfall. Folgerichtig mußte natürlich unter dem Banner der Freiheit und der Gleichheit jedem freien Bürger der freie Besitz von Waffen gewährleistet sein. Für die Bewahrung der Freiheit schien der Waffenbesitz unerläßlich. Die Väter der modernen demokratischen Verfassungen haben das auch so verstanden. Freiheit und freier Waffenbesitz waren für sie untrennbar miteinander verbunden. In vielen Verfassungen, die vom Ende des 18. Jahrhunderts an entstanden sind, finden sich daher auch Bestimmungen, die dieses grundsätzliche Recht festschreiben. Sogar für die österreichischen Sozialisten war noch im ausgehenden 19. Jahrhundert klar, daß es Freiheit und Selbstbestimmung ohne Waffenbesitz nicht geben kann. Wir finden daher die Forderung nach „Volksbewaffnung” im Hainfelder Programm der Sozialisten. Das ist aber lange her. Man war der Macht noch sehr fern. Freiheit und Verantwortung des Volks hatten, anders als heute, noch einen hohen Stellenwert.

Die Zeiten haben sich geändert. Von diesen ursprünglichen, demokratischen Freiheitsidealen ist nicht viel geblieben. Im Europa des 20. Jahrhunderts haben Kommunismus, Nationalsozialismus und Faschismus nichts davon übergelassen. Diktatur und Totalitarismus etablierten sich immer über die Kontrolle der Rechtschaffenden, Medien und der Kommunikationseinrichtungen, aber vor allem über Waffenverbote für Privatpersonen. Dürften die Untertanen ihre Waffen behalten hätte kein Unrechtsregime schließlich Bestand. Man kann sich nicht vorstellen, daß wohlbewaffnete Menschen dazu gebracht werden können, Viehwaggons zu besteigen, Soldaten natürlich ausgenommen. Am Ende dieser Schrecknisse wurden die meisten Rechte – wenn auch vorsichtig und zaghaft – wieder eingeführt. Das Recht des freien Waffenbesitzes hat man (Österreich war bis 1996 eine rühmliche Ausnahme) ganz gerne vergessen. Verfassungsmäßig nicht garantierte Rechte haben leider auch in Demokratien die Tendenz, allmählich zu schwinden. Vor allem Deutschland und England sind Musterbeispiele dafür, wie mit fadenscheinigen, falschen Argumenten grundlegende Bürgerrechte einfach kassiert werden, ohne daß sich Widerstand regt. Das Trauma des Kriegs hat viele Menschen vergessen lassen, daß nicht die privaten Waffen, sondern die Waffen in staatlicher Hand die Blutwerkzeuge gewesen sind. „Waffen weg“ bedeutet immer auch „Rechte weg“; das ist heute nur den wenigsten bewußt.

Bewaffnete Bürger = Grundlage jeder Demokratie

Die Angst der Regierenden vor dem eigenen Volk ist groß. Sonst würde man es nicht entwaffnen wollen. Kaiser Franz Josef, heute gerne als Despot verleumdet, kam ohne Leibwächter aus. Demokratische Kanzler und Minister bewegen sich neuerdings nur mehr hinter den lebenden Mauern guttrainierter und hochbezahlter Personenschützer. Ein deutscher Außenminister, der sich unbeholfen die Schutzweste über den Armanianzug schnallt, ist nicht nur eine lächerliche Figur, sondern das Symbol einer neuen, bürgerverachtenden Herrscherkaste. Ein Innenminister, der vor nicht allzulanger Zeit der Terrorszene gefährlich nahegekommen ist, zerbricht sich den Kopf darüber, wie man unbescholtenen Leuten den Zugang zu legalen Waffen noch weiter erschweren könnte. Einer der jüngsten deutschen Waffengesetzentwürfe bekannt sich unverfroren zum falschen, weil undemokratischen, Grundsatz: „So wenig Waffen wie möglich sollen ins Volk“. Wäre das deutsche Volk nur klug genug, erkennte es daraus die Geringschätzung, die dem wahren Souverän der Demokratie, dem Volk nämlich, von seinen eigenen Politikern entgegengebracht wird.

Unter dem widersinnigen Motto „Legale Waffen – nein, illegale Waffen – ja!“ scheinen alle modernen Waffengesetze zu stehen. Man beschäftigt sich mit dem braven Mann und vergißt darüber den Verbrecher. In diesem Klima hat der bewaffnete Bürger natürlich keinen Platz. Wer für sich selbst elitäre Sicher heitsmaßnahmen fordert, koste es was es wolle, hat kein Verständnis für die vielzitierte „Pistole im Nachtkastel“. Wer sich bei jeder grausigen Untat bloß mit der Psyche des bedauernswerten Täters beschäftigt, ist entsetzt, wenn sich jemand verteidigen möchte.

Der bewaffnete Bürger ist ein selbstbewußter Bürger. Er weiß, daß er sich nicht jederzeit oder nicht in allen Lagen auf rechtzeitige staatliche Hilfe verlassen kann. Der bewaffnete Bürger ist ein verantwortungsbewußter Bürger. Er weiß, daß er Rechte, aber auch Pflichten hat. Der bewaffnete Bürger ist die Basis unserer Demokratie. Er weiß, daß man Rechte nur bewahrt, wenn man auch bereit ist, sie zu verteidigen. Der bewaffnete Bürger will keine Privilegien, er will bloß sein Recht. In den Augen moderner Politiker ist der bewaffnete Bürger daher ein Auslaufmodell. Unbequeme und selbstbewußte Untertanen passen nicht so recht in die Vorstellungswelt derer, die zwar ihre Macht gerne aus den Händen des Volks entgegennehmen, aber nur ungern etwas von ihrer Macht abgeben.

Waffenzahl mißt Demokratiegüte

Wir kommen dazu, die eingangs gestellten Fragen zu beantworten: Natürlich ist unbescholtener Bürger Waffenbesitz nicht gefährlich. Vom privaten Waffenbesitz geht keine Gefahr aus. Wäre dem so, müßte in Staaten wie Österreich oder der Schweiz – einem Land, wo jeder Milizsoldat sein Sturmgewehr mit Munition zu Hause verwahrt ein Großteil der Bevölkerung ausgerottet sein und blutige Anarchie herrschen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Kriminalitätsrate in den USA ist auch nicht auf die liberale Waffengesetzgebung zurückzuführen; im Gegenteil: Seriöse Untersuchungen beweisen die kriminalitätsdämpfende Wirkung liberaler Waffengesetze. Wenn ausschließlich staatliche Behörden Waffen besitzen, leben die Bürger leben auch keineswegs sicherer. Wer Geschichte wirklich gelernt hat, weiß, gerade die blutigsten Diktaturen nahmen den Bürgern erst einmal ihre Waffen. Nur so kann ein staatliches Gewaltmonopol zum staatlichen Verbrechensmonopol werden. Konzentrationslagern mögen sicher gewesen sein – allerdings nur für die bewaffnete Wachmannschaft. Viele Waffen in privater Hand sind ein zuverlässiger Zeiger demokratischer Güte eines Staatswesens. Despotien und totalitäre Staaten erkennt man nämlich daran, daß praktisch keine privaten legalen existieren. Die Österreicher müßten daher stolz darauf sein, daß die Bürger mehr Waffen als Polizei und Militär besitzen.

Der bewaffnete Bürger schuf die frühen demokratischen Staaten Athens und des alten Roms. Als deren Bürger ihre Waffen verloren und nur noch Soldaten Waffen besaßen, war es auch mit diesen Demokratien vorbei.

In den Köpfen der bewaffneten Bürger wurde die Idee von der Freiheit und Gleichheit geboren. Die Geschichte dieser Idee kennen wir. Von der französischen Revolution und den bürgerlichen Revolutionen in den anderen europäischen Ländern führte der Weg nur zu oft in die Despotie. Waffen zu verlieren bedeutete aller Rechte zu verlieren. Wir, die bewaffneten Bürger Österreichs, haben unsere Lektion aus der Geschichte gelernt. Wir leisteten Widerstand und deshalb auch unsere Waffen behalten. Wir bewahren aber nicht nur unser Eigentum, unsere Rechte und Würde. Was wir damit für die Demokratie getan haben, werden vielleicht erst unsere Kinder zu schätzen wissen. Auch für unsere Kinder soll gelten: Alle Macht dem Volke! Waffen im Volk gewährleisten dies!

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Eine Antwort für “Eine Frage der Demokratie”

  1. Ellinor Blenk sagt:

    Trefflich – Ein ausgezeichneter Artikel, dem nichts hinzuzufügen ist!

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